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Sika: Neue reCO2ver-Technologie trennt Komponenten von Altbeton für Wiederverwertung

Sika hat ein neues Wiederverwertungsverfahren für Altbeton entwickelt, bei dem das rezyklierte Material in höherer Qualität zur Verfügung steht als dies bei herkömmlichen Recyclingverfahren der Fall ist. Dabei wird Altbeton in einem einfachen und effizienten Verfahren in die Bestandteile Kies, Sand und Zementsteinpulver zerlegt, bei dem zudem rund 15 kg CO2 pro Tonne zerkleinertes Beton-Abbruchmaterial gebunden werden kann. Diese Innovation trägt unter dem Markennamen „reCO2ver“ wesentlich zur Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks der Bauindustrie bei. In einem Interview erläutert Dr. Carsten Rieger, Corporate Market Development Manager des Geschäftsbereiches Concrete (Betonzusatzmittel) bei der Sika AG in Zürich, wie eine vollständige Kreislaufwirtschaft beim Beton erreicht werden kann.

Was unterscheidet reCO2ver von anderen Betonrecyclingverfahren?

Beim herkömmlichen Betonrecycling wird der alte Beton in unterschiedlich große Stücke mit einem Durchmesser von bis zu 32 Millimetern zerkleinert. Diese Bruchstücke werden als Zuschlagstoff für neuen Beton verwendet. Das hat viele Nachteile, da diese Bruchstücke eine größere Oberfläche und eine höhere Porosität als Zuschlagstoffe aus Urgestein haben. Mit dem reCO2ver-Verfahren werden die Gesteinsbrocken in ihre Bestandteile, nämlich die Steine und das Zementsteinmehl, zerlegt. Außerdem reagiert das Zementsteinmehl mit dem CO2 (Karbonisierung) und bindet es an das Pulver.

Was unternimmt Sika, um neben der Pilotanlage den Bau größerer, kommerziell tragfähigerer Anlagen zu fördern?

Die zunächst durchgeführten Versuche in der Pilotanlage haben die Effizienz des Prozesses bestätigt. In der Pilotphase wurden bereits Versuche mit Material von Kunden durchgeführt, die ebenfalls gezeigt haben, dass der reCO2ver Prozess erhebliche Vorteile beim Recycling erwirkt. Die gewonnen Erkenntnisse aus der Pilotphase sind in ein Design für eine mögliche Großanlage eingeflossen.

 

Werden sich auch Schwellenländer solche Anlagen leisten können, oder bleiben sie den Industrienationen vorbehalten?

Diese Anlagen werden überall dort interessant sein, wo es einen Markt für das Recycling von Beton gibt und eine Infrastruktur für das Sortieren und Zerkleinern von Betonabfällen vorhanden ist. Im Moment trifft dies in erster Linie auf die Industrieländer zu. Sobald jedoch in den Schwellenländern Anreize für das Betonrecycling geschaffen werden und sich somit ein Markt entwickelt, werden reCO2ver-Anlagen auch dort wirtschaftlich sinnvoll sein. Der Investition in die Anlage muss der Mehrwert gegenübergestellt werden, den sie bietet. Dieser liegt im Wert des zurückgewonnenen Materials und indirekt durch das im Material gebundene CO2.

Welches kommerzielle Interesse hat Sika an der Verbreitung dieser reCO2ver-Technologie?

Sika will mit dieser Technologie die CO2-Emissionen in der Bauindustrie reduzieren. Zudem sind wir Inhaber des Verfahrenspatents und damit berechtigt, das Verfahren zu lizenzieren. Weitere Chancen ergeben sich aus dem Einsatz von Additiven zur Qualitätssteigerung der wiedergewonnenen Materialien und aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten.

Was ist das Besondere an den Sika-Additiven, die im Zusammenhang mit dem reCO2ver-Verfahren eingesetzt werden?

Sika hat verschiedene Zusatzmittel entwickelt, die neben dem reCO2ver-Verfahren unseren Kunden helfen, Recyclingbeton effizient herzustellen und den CO2-Fußabdruck des Betons zu reduzieren. Dazu gehören Additive, die die Verarbeitbarkeit des Recyclingbetons beeinflussen sowie die Qualität des zurückgewonnenen Pulvers aus dem reCO2ver-Prozess verbessern, um seine Leistung als Zementersatz zu optimieren.

Was sind die Erkenntnisse aus der Pilotphase?

Die Pilotphase konnte im vergangenen Jahr erfolgreich abgeschlossen werden. Das heißt, es konnte klar gezeigt werden, dass der reCO2ver-Prozess im großen Maßstab und unter realen Bedingungen mit Betonabbruchmaterial funktioniert. Der Wasseranspruch des Recyclingmaterials konnte deutlich (-60 %) reduziert und das separierte Pulver mit ca. 15 kg CO2 pro Tonne Abbruchmaterial beaufschlagt werden. Darüber hinaus konnten einige Erkenntnisse gewonnen werden, wie der Prozess effizienter gestaltet werden kann. Diese sind bereits in ein Design einer Großanlage eingeflossen, welches wir nun unseren Kunden zur Verfügung stellen können.

Welche Resonanz erwarten Sie für das Betonrecycling und die Verwendung von Recyclingbeton? Haben Sie bereits Rückmeldungen aus der Industrie erhalten?

Die Unternehmen, die bereits im Betonrecycling tätig sind, sind sehr an der reCO2ver-Technologie interessiert, da sie das Betonrecycling erheblich vereinfachen und wirtschaftlich rentabler und nachhaltiger machen wird. Wir sehen, dass Betonrecycling überall dort eingeführt wird, wo es ein politisches Bekenntnis dazu gibt und die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen wurden.

Glauben Sie, dass politische Anreize oder Vorschriften erforderlich sind, um das Betonrecycling zu fördern?

Es gibt bereits Vorschriften zur Reduzierung der CO2-Emissionen, und die reCO2ver-Technologie ist eines der wenigen Verfahren, das CO2 "sequestriert" – also bindet. Dies liegt im Interesse aller Beteiligten. Regelungen, die das Betonrecycling gezielt fördern, wären daher aus unserer Sicht sinnvoll.

Wie hoch würden Sie das Marktpotenzial für reCO2ver beziffern?

Allein in Europa fallen jedes Jahr rund 300 Millionen Tonnen Betonabfälle an. Weltweit gehen wir von einem Volumen von etwa 600 Millionen Tonnen pro Jahr aus. Wir schätzen den Weltmarkt, den Sika erreichen kann, auf etwa fünf Prozent dieser Menge. Das wären vorläufig jährlich 30 Millionen Tonnen Betonabfälle.

 

www.sika.de

Fotos: Sika AG

 

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